Fast jeder Hundehalter möchte eine gute Bindung zu seinem Hund. Zeigt es doch, wie gut man seinen Hund erzogen hat, wie toll man ist, welch Hundekenner….Dein Hund läuft in allen Situationen akurat bei Fuß, er ist jederzeit abrufbar. Schön. Du hast ihn gut erzogen. Bloß: leider hat dies alles nichts mit Bindung zu tun!
Erziehung ist nicht Bindung!
Ein vermeintlich perfekt erzogener Hund kann zu seinem Halter überhaupt keine Bindung haben, während ein Hund der nicht so gut hört eine super tolle Bindung zu seinem Menschen haben kann. Ein 08/15 Hundetraining ist leider nicht bindungsfördernd.
Ich persönlich will keinen perfekten Hund (den gibt es eh nicht), keinen Hund der tausend Signale kann, das Fuß laufen ist mir egal. Aber mein Hund soll gerne zu mir kommen wenn er Angst hat, wenn er sich unsicher fühlt. Es soll ihm Spaß machen, gemeinsam zu üben und die Welt zu erkunden.
Es kommt nicht darauf an, was du mit dem Hund machst, sondern wie du es machst. Nämlich mit intrinsischer Motivation und mit Freude, bei deinem Hund und bei dir. Voraussetzung dafür ist, dass du deinen Hund lesen kannst, dass du seine Gefühle und Bedürfnisse wahrnimmst und richtig interpretierst.
Damit dein Hund überhaupt eine Bindung aufbauen kann muss er bis zur 12ten Lebenswoche Kontakt zu Menschen gehabt haben. Hatte er dies nicht, fehlt ihm die Sozialisation auf Menschen und eine Bindung zum Zweibeiner ist kaum noch möglich. Dies trifft auch auf Zwingerzüchtungen zu.
Dein Hund sollte mit der Zeit auch Nähe zu lassen. Dazu muss er nicht ständig Körperkontakt halten, für viele Hunde reicht es bereits wenn sie mit im selben Raum wie ihre Bezugsperson sind. Dein Hund muss spüren, dass er bei dir sicher ist.
Bindung beutet nicht sitz-platz-fuss, sondern:
– Seinem Hund Sicherheit geben. Also für ihn verfügbar sein, auch wenn er sich gerade unmöglich aufführt. Es heißt auch aktiv einzugreifen wenn er sich zB von einem andern Hund überrollt oder von anderen Menschen bedrängt wird.
– Seinem Hund die Welt erkunden lassen und dabei unterstützend anwesend sein. Wenn dein Hund unterwegs ständig an dir klebt weil du ihm das so beigebracht hast, dann hat das mit Bindung nichts zu tun. Auch nicht wenn er immer hinter dir laufen muss. Vielleicht ist das gut für dein Ego, dein Aussenbild. Bindung ist es dann, wenn du nicht immer alles kontrollierst was dein Hund macht. Wenn er sich im Freilauf auch mal von dir entfernt weil er etwas Spannendes erkunden möchte. Wenn er Lust hat jeden Grashalm schnuppernd zu erkunden.
Und: nein, das hat mit Laissez-faire nichts zu tun. Denn du gibst deinem Hund einen sicheren Rahmen in dem er sich bewegen kann.
– Du bist für deinen Hund ein zuverlässiger Partner und in deinem Handeln für ihn vorhersehbar. Das bedeutet Konsistenz in deinen Aktionen deinem Hund gegenüber. Natürlich hast auch du mal einen schlechten Tag, bist genervt und reagierst über. Das ist vollkommen normal. Wenn es nicht zur Normalität wird. Ein Fehler definiert nicht die gesamte Beziehung. Du solltest nicht die Ursache für Angst und Unsicherheit deines Hundes sein. Denn sei dir bewusst, dass deine Stimmung die Kommunikation und Interaktion mit deinem Hund bestimmt. Dies wiederum beeinflusst die Stimmung und letztendlich das Verhalten deines Hundes.
– Du gibst deinem Hund eine richtungsweisende, positive Führung. Du begleitest ihn bedürfnisorientiert. Gehe mit ihm achtsam um, halte beim Gassi Kontakt. Kontakt bedeutet nicht einfach nur die Leine zu halten und nebenbei das Smartphone zu checken. Kontakt bedeutet mit ihm zu interagieren, schauen welche Bedürfnisse er gerade hat. Kommuniziere klar und bestätige Erwünschtes. Lenke Unerwünschtes um zB wenn den Hund einen Hasen jagen möchte, dann biete ihm ein Alternativverhalten das zu seiner Motivation passt.
– Sorge für ausreichend Ruhe (16 bis 20 Stunden pro Tag, jedoch gibt es auch Hunde die mit weniger auskommen). Dein Hund braucht dies um all die Reize zu verarbeiten. Gönne deinem Hund nach einem anstrengendem Tag einen Ruhetag. Denke daran, dass mangelnde Ruhe meist zu Verhaltensproblemen führt.
Er braucht einen Rückzugsort wo er für sich ist. Wo nie etwas Schlimmes passiert. Jedoch auch keine Zwangsbeglückung. Wenn er an seinem Ruheort ist, wird er auch in Ruhe gelassen.
– Biete deinem Hund kontrollierten Kontakt zu Artgenossen. Dabei reichen 2 bis 3 Hundekumpels mit denen er sich versteht. Achtung: jedoch nur wenn er dies auch möchte. Hat er keinen Bock auf Artgenossen zwinge ihn nicht zu Begegnungen.
– Trainiere ohne Gewalt und ohne ambivalente Signale. Auch Abbruchsignale lassen sich positiv aufbauen. Sei geduldig, erzwinge nichts. Falls dein Hund keine Lust auf Training hat oder es ihm zu viel wird, darf er weggehen. Dann wird auch nicht weiter geübt. Hat dein Hund mal keine Lust auf sein Gassi, dann bleibt ihr zu Hause oder geht nur kurz nach draussen damit er seine Geschäfte erledigen kann.
Willst du also eine stabile Bindung zu deinem Hund, so sollte dein primäres Ziel kein perfekt gehorchender Hund sein sondern einer der gerne mit dir zusammen arbeitet und Spaß dabei hat. Oft ist der Weg das Ziel. Biete einen sicheren Rahmen, sei der Fels in der Brandung für deinen Hund, sei feinfühlig, lerne ihn zu lesen. Dein Fokus sollte darauf liegen, was dein Hund schon alles kann und nicht auf seinen, vermeintlichen, Defiziten. Achte auf die Individualität deines Hundes und lasse dich nicht von angeblich super erzogenen Hunden und deren Haltern beeindrucken. Und vergiss all die Ratschläge von ‚er muss das und jenes können‘. Das erzeugt bei dir selbst unnötigen Druck und steht einer sicheren Bindung im Weg.
Bindung ist bedürfnisgerechte Fürsorge.